Für alle WordPress-Interessierten wird es am 17./18./19. November 2017 in Köln wieder ein WordCamp geben, im zweiten Jahr als echtes BarCamp. Das heißt, die Sessions werden am Veranstaltungstag vor Ort vorgeschlagen. Anlässlich des Wordcamps Cologne 2017 hier ein Interview mit Marc Nilius einem der Mitorganisatoren des Camps.
Hallo Marc. Bitte stell dich unseren Lesern kurz vor.
Hallo Lars. Mein Name ist Marc Nilius, ich bin 37 Jahre alt, Diplom-Informatiker und lebe im Westerwald. Ich bin selbständig und biete technische Dienstleistungen rund um WordPress an, also Administration, Wartung, Sicherheit usw. Ich bin schon viele Jahre selbstständig, habe mich aber vor etwa drei Jahren entschieden, mich komplett auf WordPress-Dienstleistungen zu konzentrieren.
Seit etwa 2,5 Jahren bin ich in der deutschen WordPress-Community engagiert und helfe bei der Organisation von Meetups und WordCamps. Ich habe das Meetup in Köln besucht und war kurze Zeit später bereits helfend in der Organisation tätig. Der Übergang vom Besucher zum Mitorganisator ging schnell und fließend. Nun bin ich verantwortlicher Organisator des nächsten WordCamps in Köln.
Du bist ein großer WordPress-Fan. Warum eigentlich?
Ich nutze WordPress schon seit vielen Jahren, das erste Mal bereits 2005/2006. Dann kam ich immer wieder damit in Berührung, wenn ich Kundenwebsites betreut habe. In dieser Zeit habe ich das System schätzen gelernt. Von allen Redaktionssystemen, die ich gesehen und genutzt habe, ist WordPress am einfachsten zu benutzen und einzurichten. Auch Anfänger können hier schnell Erfolge sehen. Trotzdem ist es ebenso für komplexe Websites geeignet.
Dass man in wenigen Stunden eine komplette Website zusammenstellen kann, selbst ohne Programmierkenntnisse, ist toll. Dass man gleichzeitig durch eigene Programmierung mit WordPress (fast) alles machen kann, zeigt die Flexibilität der Software und seines Ökosystems.
Was ist ein Wordcamp?
Ein WordCamp ist eine Konferenz, bei der sich alle Teilnehmer über Themen rund um WordPress austauschen. Im Vergleich dazu stehen die kleineren WordPress Meetups. Ein Meetup ist eine lokale Veranstaltung, die meistens einmal im Monat stattfindet. Interessierte treffen sich und reden über WordPress, meist gibt es auch ein Hauptthema oder einen Vortrag. Solche Meetups gibt es in vielen Städten und Regionen weltweit und natürlich auch in Deutschland. Eine Übersicht findet man auf wpmeetups.de.
WordCamps dagegen sind größere Veranstaltungen, bei denen sich während ein oder zwei Tagen alles um WordPress-Themen dreht. Die Veranstaltungen richten sich hauptsächlich an die lokale WordPress-Community aus der Region. Hier in Deutschland (bzw. insgesamt in Europa) reisen aber einige Teilnehmer auch gerne von weiter her an.
Die nächsten Tickets werden Mitte September verkauft. Am besten meldet man sich für unseren Newsletter an, dann verpasst man den Verkaufsstart nicht.Das WordCamp in Köln findet vom 17. bis 19. November 2017 statt. Alle Informationen dazu gibt es auf der Website unter https://2017.cologne.wordcamp.org/
Für welche Zielgruppe ist das Wordcamp wirklich interessant? (Entwickler, Blogger, eCommerce, Hoster etc…)
Die WordPress-Gemeinschaft versucht, so inklusiv wie möglich zu sein. Das fängt bei günstigen Eintrittspreisen an (maximal 20 Euro pro Tag inkl. Verpflegung), geht weiter bei Themen wie Barrierefreiheit und endet bei den Inhalten. Bei einem WordCamp sollte für jeden etwas dabei sein. Wenn Vorträge und Vortragende im Voraus bekannt sind, dann achten die Veranstalter darauf, dass eine möglichst große Bandbreite von Themen abgedeckt ist. Somit sollten sowohl Anfänger als auch erfahrene Entwickler interessante Themen für sich finden. Darüber hinaus sind der individuelle Austausch und das Netzwerken immer ein sehr wichtiger Teil ein solchen Veranstaltung.
Wieso gibt es keine feststehende Agenda? (BarCamp).
Das ist eine Besonderheit des Kölner WordCamps. Im vergangenen Jahr (2016) gab es zwei WordCamps in Deutschland (in Nürnberg und Frankfurt) mit einem „normalen“ Line-Up, d.h. die Vortragenden und Vorträge waren im Vorfeld bekannt. Nachdem es auch bereits 2015 ein solches WordCamp in Köln gab, wollten wir etwas Neues ausprobieren und haben 2016 ein kleines WordCamp (mit nur 100 Teilnehmern) veranstaltet. Dieses haben wir als echtes BarCamp organisiert. Dabei steht der Vortragsplan im Voraus nicht fest, sondern wird von den Anwesenden am Morgen der Veranstaltung selbst zusammengestellt. Jeder kann dabei ein Thema vorschlagen. Findet es Anklang, wird es zeitlich eingeplant.
Solche Veranstaltungen entwickeln immer eine eigene Dynamik, da man im Vorhinein nicht weiß, was passiert. Je nach Interessenslage der Teilnehmer können ganz andere Schwerpunkte herauskommen als gedacht.
Dieses Jahr haben wir dieses Konzept auf ein größeres, zweitägiges WordCamp mit 250 Teilnehmern übertragen und hoffen, dass es funktioniert
Was ist ein CONTRIBUTOR DAY?
WordPress ist kostenlos und Open Source, das heißt, jeder kann WordPress umsonst herunterladen und nutzen. Eine Open-Source-Software lebt aber auch dadurch, dass Menschen sich an der Weiterentwicklung und Pflege beteiligen und diese Arbeit kostenlos zur Verfügung stellen. Ansonsten würden vermutlich die meisten Anwender schnell den Gefallen an einer nicht gepflegten und nicht weiter entwickelten Software verlieren und zu etwas Anderem wechseln.
Die WordPress-Community engagiert sich im WordPress-Projekt und versucht gemeinsam, das Produkt besser zu machen. Dazu muss natürlich programmiert werden, aber auch Übersetzungen (von WordPress selbst oder Plugins und Themes) oder Marketing sind notwendig.
Es gibt zum Beispiel die Website wordpress.tv auf der sehr viele Vorträge von WordCamps und Meetups aus der ganzen Welt zu finden sind, die man sich anschauen kann. Diese Videos müssen geschnitten und aufbereitet werden oder mit Untertiteln versehen werden.
An einem Contributor Day arbeiten alle gemeinsam an eben diesen WordPress-Projekten. Jeder so wie er mag mit seinen individuellen Möglichkeiten. Viele denken immer, dass so ein Contributor Day nur etwas für Entwickler ist. Aber das stimmt nicht. Eigentlich sind immer mehr Leute mit anderen Themen als mit Entwicklung beschäftigt.
Zusätzlich bietet so ein Contributor Day die einmalige Gelegenheit, sich vor Ort alle Tools zeigen zu lassen, um sich dann in Zukunft zu engagieren. Eine bessere Anleitung und Einweisung in die WordPress-Community kann man gar nicht bekommen.
Die Contributor Days sind üblicherweise kostenlos und immer direkt vor oder nach einem WordCamp. In Köln ist der Contributor Day diesmal vorher, am Freitag, den 17. November 2017.
Wie fing in Deutschland eigentlich alles in Sachen WordPress Community an?
Ich selbst bin erst seit 2015 „dabei“, habe die Anfänge also selbst gar nicht miterlebt. Aber bereits seit 2004 gab es ein deutsches WordPress-Portal (betrieben von der Firma Inpsyde). Auch heute noch engagieren sich Inpsyde und deren Mitarbeiter in der deutschen WordPress-Community. Erste WordCamps gab es bereits in den Jahren 2008 bis 2011. Da „WordCamp“ ein geschützter Begriff der WordPress Foundation ist und diese an der Organisation mitwirkt, fanden 2012 und 2013 WP Camps ohne deren offizielle Beteiligung statt.
Das offizielle WordCamp 2014 in Hamburg gilt als historischer Wendepunkt in der Community, da sich dort die deutsche Community erstmals als solche unabhängig formierte. Seitdem wächst die Anzahl der WordCamps und lokalen Meetups stetig.
Alle Infos zur deutschen WordPress-Community findet man auf de.wordpress.org
Bloggen ist nicht mehr wirklich „hip“. Die meisten Menschen präsentieren sich lieber auf Facebook oder Instagram. Wozu dann noch WordPress?
WordPress ist ja viel mehr als eine Blogging-Plattform. Das war es mal zu Beginn, WordPress hat sich jedoch stark weiterentwickelt und dient heute als vollwertiges Redaktionssystem für Websites aller Art. Da sind natürlich auch immer noch jede Menge Blogs dabei, aber eben auch Unternehmensseiten oder eCommerce-Seiten und Shops. WordPress ist da extrem vielfältig aufgestellt und kann heute im Prinzip für jede Art von Website genutzt werden, auch für große Systeme.
Ich finde, die eigene Website ist immer noch eine gute Basis für alle eigenen Aktivitäten im Netz. Man ist Herr der eigenen Daten (zum Beispiel Fotos) und hat die volle Kontrolle über das System. Von hier aus kann man dann die Inhalte gut weiterverteilen an andere Plattformen. Man hat auf der eigenen Seite auch die Kontrolle, welche Inhalte wann angezeigt werden. Das ist aufgrund der undurchsichtigen Algorithmen anderer Plattformen ja längst nicht immer gegeben.
Auch scheint sich dieser Trend teilweise wieder umzukehren. Viele Publisher, die lange Zeit auf Medium (siehe zum Beispiel https://wptavern.com/publishers-are-moving-back-to-wordpress-after-short-experiments-with-medium) gesetzt haben, kehren wieder zurück zu eigenen Websites.
Einige Startups wie z.B.: Squarespace versuchen, es Kunden noch einfacher zu machen als WordPress. Sie bieten fertig gestaltete Webseiten an, die man leicht an die eigenen Bedürfnisse anpassen kann. Eine Alternative?
Grundsätzlich bin ich der Meinung, dass jedes System seine Berechtigung hat. Das gilt auch für die anderen Redaktionssysteme wie Joomla, Typo3, Drupal, Contao usw. Mit all diesen Softwareprodukten kann man gute Websites erstellen. Je nach Ausgangslage und Anforderung ist manchmal das eine System besser geeignet, manchmal das andere. In Deutschland gibt es den CMS-Garden (http://www.cms-garden.org/de), eine Initiative, die an dieser Stelle Unterstützung bietet bei der Auswahl des richtigen Systems.
Auch die „Fertig-Angebote“, darunter fallen auch Wix oder andere Website-Baukästen, haben ihre Berechtigung. Mit Ihnen ist es einfach möglich, Websites per Klick zusammenzustellen. Die Möglichkeiten sind sehr begrenzt und die Auswahl an Designs auch. Für den Anfang reicht das vielen, sie merken dann aber schnell, dass die Erweiterung der Seite dann an mangelnden Möglichkeiten scheitert.
Mit WordPress ist es ebenso möglich, schnell zu einer fertigen Website zu gelangen. Mit der riesigen Auswahl von fast kostenlosen 5000 Designs (Themes) alleine im offiziellen Theme-Verzeichnis und über 40.000 kostenlosen Erweiterungen (Plugins) im offiziellen Plugin-Verzeichnis gibt es quasi unbegrenzte Möglichkeiten. Und in diesen Zahlen sind die kostenlosen und kostenpflichtigen Themes und Plugins aus anderen Quellen noch gar nicht mitgezählt.
Wo siehst du die großen Herausforderungen für WordPress?
Die größte Herausforderung ist die Weiterentwicklung. WordPress betreibt mehr als 27% aller Websites weltweit und jeder Anwender hat seine eigenen Erwartungen an die Funktionsweise des Systems. Viele sind damit zufrieden, was heute bereits geboten wird. Auf der anderen Seite ist es wichtig, auch neue Entwicklungen in das Produkt einfließen zu lassen, wie zum Beispiel die aktuelle Entwicklung eines neuen, modernen Editors (Projekt Gutenberg). Jede Änderung am Status Quo bedeutet also automatisch Zuspruch und Widerspruch. Die Entwickler müssen behutsam vorgehen, dürfen aber gleichzeitig nicht den Anschluss verpassen. Systeme, die neu auf den Markt gebracht werden, müssen keine Bestandskunden beachten und können technologisch aus dem Vollen schöpfen. Es ist klar, dass diese Entwicklungen erstmal reizvoller aussehen.
WordPress ist ein über viele Jahre gewachsenes System. Entwickler beschweren sich gerne über den alten Code-Stil von WordPress. Aber auch das ist eine Herausforderung: alten Programmiercode modernisieren und gleichzeitig die Funktionalitäten beizubehalten und behutsam weiterzuentwickeln.
Viele Entwickler stöhnen, wenn Kunden nach WordPress verlangen — nicht zuletzt, weil es als offenes System mit Tausenden von Plug-in-Erweiterungen eben ganz und gar nicht als sicher gilt. Was meinst du dazu?
WordPress selbst ist ein sehr sicheres System. Natürlich treten Sicherheitslücken auf, das passiert bei jeder so großen Software. Lücken werden aber schnell erkannt und zügig gefixt. Durch die Auto-Update-Funktion werden neue Versionen mit Sicherheitsfixes auch automatisch in allen WP-Installationen eingespielt, so dass auch technisch Unbedarfte immer ein aktuelles und sicheres System haben.
Das Problem liegt eigentlich woanders. Die Vielfalt an Themes und Plugins ist Fluch und Segen zu gleich. Es gibt unendlich viele Themes und Plugins für WordPress, die den Funktionsumfang unglaublich erweitern können. Die Entwickler dieser Erweiterungen sind aber nicht immer so gut wie es die Entwickler von WordPress selbst sind. Somit können schlecht programmierte Themes und Plugins sowie nicht gepflegte Themes und Plugins zu einem Sicherheitsrisiko werden.
Da hilft nur, die Website ordentlich zu betreuen: so wenig Plugins wie möglich, nur Plugins aus seriösen Quellen mit guter Reputation verwenden, regelmäßig prüfen, ob Plugins ausgetauscht werden müssen, da sie seit längerem keine Updates mehr erhalten haben und ggf. vom Autor nicht mehr weiterentwickelt werden.
Wenn man dies und die Standardregeln für sicheren Umgang mit Websites befolgt (Updates machen, Backups machen, sichere Passwörter), dann sind auch WordPress-Websites nicht unsicherer als alle anderen..
Was sind deine kostenlosen Lieblingsplugins für WordPress?
Da wir über die Sicherheit sprachen und dies mein Steckenpferd ist:
- BackWPup für Backups
- Ninja Firewall für die Absicherung
Weiterhin:
- EWWW Image Optimizer und Imsanity für die Bildoptimierung
- Yoast SEO (Quasi-Standard zur SEO-Optimierung)
- The Events Calendar zur Anzeige von Veranstaltungen
Welche Hobbys außer WordPress hast du noch?
Ich habe das große Glück, dass bei mir Arbeit und Hobby verschmelzen. Ich arbeite tagtäglich mit WordPress, die Organisation von Meetups und WordCamps ist aber ein Hobby. Daneben engagiere ich mich auch an anderer Stelle ehrenamtlich, zum Beispiel für eine gemeinnützige Familienferienstätte oder für den örtlichen Fußballverein.
Und wenn dann noch Zeit bleibt, gibt es da noch Familie, Garten und Reisen. Mir ist also nie langweilig. J
Finally – freestyle. Schreib einfach etwas von dem du glaubst, dass es unsere Leserinnen interessieren könnte.
WordPress und viele seiner Plugins und Themes sind kostenlos. Das funktioniert nur, weil sich viele Menschen in ihrer Freizeit unentgeltlich für das Projekt engagieren. Für mich ist mein Engagement in der Community auch meine Form des Zurückgebens, denn ich verdiene schließlich auch Geld mit WordPress und damit auch mit der kostenlosen Arbeit anderer.
Ich würde mir wünschen, dass noch mehr Menschen sich für WordPress oder andere OpenSource-Software-Projekte engagieren, damit auf Dauer auch die Qualität dieser Projekte gesichert bleibt.
Ansonsten würde ich mich einfach freuen, möglichst viele Leser auch auf dem WordCamp in Köln oder bei einem der Meetups in der Region zu treffen!